Cookie Consent by Free Privacy Policy Generator website Lessings „Nathan der Weise“ im Zeitraffer | Theatergemeinde metropole ruhr | Ihr Weg zur Kultur

Lessings „Nathan der Weise“ im Zeitraffer

in die Jetztzeit verlagert in der Casa

Wie schafft man es, junge Menschen für ein klassisches Theaterstück zu interessieren, das als Ideendrama vor rund 250 Jahren geschrieben wurde und von einem Konflikt zwischen Christen, Muslimen und einem Juden zur Zeit des Dritten Kreuzzuges (1195 n. Chr.) handelt?
Der Regisseur Karsten Dahlem und eine Schauspielergruppe des Essener Theaters stellen sich dieser Aufgabe, indem sie Lessings Drama in die Jetztzeit verlagern. Der militärischen Dauerkonflikt im Nahen Osten bildet mit Sirenen, Raketeneinschlägen und tieffliegenden Jagdbombern die bis an die Schmerzgrenze gehende akustische Kulisse der andauernden Geschichte von religiös motivierter Eroberung und Vertreibung.

Die in einem Kreis sitzenden Schauspieler diskutieren zunächst das Thema untereinander und sprechen im Anschluss Textpassagen aus dem Nathan, um in ihre Rollen zu schlüpfen. In einem hochdramatischen Einstieg schildert Recha, die adoptierte Tochter Nathans, ihre wundersame Rettung vor dem Verbrennungstod durch einen christlichen Tempelritter. Seine Intervention als herabschwebender Schutzengel wird auf der Bühne nachgespielt und mit dem Lied "Angels“ von Robbie Williams gefühlvoll unterlegt. Die unmögliche Liebe des christlichen Kreuzritters zu einem vermeintlich jüdischen Mädchen bildet den für Jugendliche nachvollziehbaren roten Faden, an dem sich die Inszenierung orientiert.

Dahinter tritt die Ausleuchtung des komplexen Macht- und Beziehungsgeflechts zwischen Patriarchen, Sultan und Tempelritter sowie dem reichen Juden Nathan zurück. Der Verzicht auf jedwede Kostüme macht es dem vorwiegend jugendlichen Publikum nicht leicht, der Handlung des Stückes zu folgen, zumal einige Rollen, wie z. B. die des Nathan gegengeschlechtlich oder doppelt besetzt sind. Dass der Jude das christliche Waisenkind aus reiner Menschen- und Nächstenliebe annimmt und dadurch tragischerweise in schwere Konflikte mit den örtlichen Autoritäten gerät, ist in der auf neunzig Minuten reduzierten Fassung des Dramas nur bedingt nachvollziehbar.
Die bekannte Ringparabel, mit der Nathan die Frage des Sultans nach der richtigen Religion zu beantworten versucht, wird als zentraler Monolog leider durch fragwürdige Video- und Lichteffekte in ihrer Wirkung geschwächt.
Der über eine Kreidezeichnung geführte genealogische Nachweis der geschwisterlichen Verwandtschaft von Recha und Tempelritter ist quasi das Happy End des Dramas, welches jedoch in der Schlussszene nicht übernommen wird.
Hauptadressaten der Inszenierung sind Oberstufenschülerinnen und -schüler im Fach Deutsch, die sich im Abitur 22 möglichweise mit einer Aufgabe zur Pflichtlektüre "Nathan“ schriftlich auseinandersetzen müssen. Ob diese stürmisch-rasante Inszenierung dazu beiträgt, ihnen Lessings "dramatisches Gedicht“ und seine Relevanz für die Gegenwart näher zu bringen, können nur die Schülerinnen und Schüler selbst beurteilen.
Karl Wilms

Luzie Juckenburg, Alexey Ekimov | © Martin Kaufhold

Was suchen Sie?

Sie suchen eine bestimmte Veranstaltung?

Sie suchen bestimmte Angebote der Theatergemeinde metropole ruhr

Möchten Sie die ganze Seite durchsuchen?